Das Jin in München

Das Jin in München – Ausflug in die chinesische Küche

youDRESSED Editor

Von Starköchen wie Tim Mälzer und Tim Raue gefeiert, gehört das Jin in München zu den besten chinesischen Restaurants in Deutschland. Es ist sterneverdächtig, ohne einen Stern zu haben, verzichtet aber auch auf den üblichen Chinakitsch, der oft eh kein gutes Zeichen ist.

In Deutschland einen guten „Chinesen“ zu finden, bei dem es keinen Einheitsbrei aus Süßsaurem mit Sojabohnen und Bambussprossen gibt, ist schon fast wie ein Sechser im Lotto. Im Jin am Isartor unweit der Münchener Innenstadt mit ihrem neugotischen neue Rathaus hat man das Gefühl, authentisch feinstes Chinesisch zu genießen, ohne sich dabei den Gaumen zu verrenken, sprich allzu scharf oder exotisch zu essen. Und das ist eine Kunst für sich.

Wir Deutschen sind freilich Gewohnheitstiere und erwarten vielleicht auch Süßsauer mit viel Reis und Bambussprossen beim „Chinesen“, so wie die US-Amerikaner Mais und Mayonnaise auf der Pizza. Ein Italiener in Norddeutschland hat mal gesagt, in seinem Heimatland, in Frankreich oder auch schon in Süddeutschland würde er eben wegen der unterschiedlichen Geschmäcker und Gewohnheiten die Pizza jeweils anders kreieren.

Der „Dschinn“ mit dem goldenen Händchen

Aber das, was Hao Jin oder auf Chinesisch Jin Hao (金浩), der Mâitre de Maison des nach ihm benannten Restaurants, auf die Tische zaubert, ist wirklich exquisit und hat ihm zwar keinen Stern, aber neben zwei Gault-Millau auch schon einen Eintrag im Guide Michelin eingebracht sowie die Auszeichnung als eines der 40 besten asiatischen Restaurants in Deutschland.

Tim Mälzer und sein Mitstreiter Lucki Maurer, der unter anderem Bio-Wagyū- beziehungsweise Kobe-Rinder züchtet, sind bei der Weihnachts-Challenge 2022 im Jin vor allem dadurch aufgefallen, dass sie dort in einen der erlesensten Weinkeller der Stadt gefallen sind. Herr Jin hat gut mitgehalten, und er hat die Ausgabe von „Kitchen Impossible“ bei Instagram auch als Aushängeschild behalten.

Sein chinesischer Name, wörtlich Herr „Gold, der Großartige“, ist irgendwie Programm, denn obwohl er keine Riese ist, erscheint er wie ein Berg von einem Mann und zeigt sich den Gästen gegenüber stets von seiner goldenen Seite.

Chinesische Flagge
Anders als die chinesische Flagge besitzt das Jin zwar keinen Stern - überzeugt aber dennoch mit authentisch chinesischer Küche. Bildquelle: Unsplash / Yan Ke

Auf zu neuen, unbekannten Geschmackswelten

Während Kim wie Gold in Korea die Namensliste anführt, ist Jin, auf Mandarin wie der Flaschengeist Dschinn ausgesprochen, als Goldzeichen in China mit „nur“ rund 3,8 Millionen Namensträgern je nach Quelle erst auf Platz 56 bis 69. Relativ verbreitet ist er aber in Jiangsu und der südlich von Shanghai gelegenen Provinz Zhejiang, wo unser Starkoch herkommt. Er selbst spielt gerne mit seinem Familiennamen und wirbt auch mal mit „Jin-esisch“ für sein Tor zu „neuen, unbekannten Geschmackswelten“.

Seine Gerichte und vor allem die Starters sowie die Miso-Suppe zeigen so wie die dezente Einrichtung des Jinjapanische und westliche Anleihen. Denn Kaltspeisen wie Carpaccio vom Loup de Mer oder vom Lachs mit Algen, japanisch Wakame genannt, sind in der chinesischen Küche eher nicht beheimatet.

Die Youdressed-„Testesser:innen“ haben sich zu ihrem Nichtehe-Jubiläum für die beiden Menüs entschieden. Diese verraten, anders als üblich, erstmal wenig, bieten aber auch die Möglichkeit, zu variieren und einzelne Menüfolgen durch Gerichte von der Speisekarte „À la carte“ zu ersetzen.

„Jins Aromen“ mit fünf Gängen versprechen, einen auf eine kulinarischen Entdeckungsreise ins Reich der Mitte mitzunehmen. „Jins Degustation“ mit sieben Gängen verlockt mit der Aussicht auf Wok- und Bambuskorb-Speisen einen Abend lang alle Geschmackswelten seiner Heimat auf den Tisch zu bringen. Und das ist ihm gelungen, dabei war Herr Jin die ganze Zeit sehr präsent und der perfekte Gastgeber, auch bei der Weinberatung, die ihm sehr am Herzen liegt und die er gekonnt wie ein deutscher Sommelier beherrscht.

Es ist eben nicht alles Gold, was glänzt

Die Vorspeisen vom Menü, darunter Quallensalat, Carpaccio und mit Iberico-Schwein und Garnelen gefüllte verschiedene Dim Sum (Teigtaschen) waren schon ein Gedicht. Und so ging es dann mit gebührlichen Pausen weiter. Ein Hochgenuss waren als Teil der Menüs die Miesmuscheln, Sashimi und das Filet von der Maispoularde.

Das extra gewünschte und seit über 40 Jahren so geliebte Mapo Toufu (麻婆豆腐, eigentlich dòufǔ), zu Deutsch Sojabohnenkäse von der pockennarbigen Groß- oder Schwiegermutter, war nicht ganz so wie gewohnt. Aber vielleicht hat Jin sich bei dem sonst superscharfen Gericht aus Sichuan auch etwas zurückgehalten, um den deutschen Gaumen nicht zu überfordern. Magenfreundlicher war es auf jeden Fall.

Überraschend gut zum Dessert war das Eis vom schwarzen Sesam mit frischen Früchten. Und als Überraschung oben darauf gab es als kleinen Gruß des Hauses auch noch jeweils ein Glas Crémant, eine gute und günstigere Alternative zu Champagner, weil ebenfalls in der Flasche gegärt. Der perfekte Abschluss für einen rundum gelungenen kulinarischen Ausflug!

Chinesische Dim Sum
Besonders die Dim Sum, chinesische Teigtaschen, konnten im Jin überzeugen. Bildquelle: Unsplash / Dex Ezekiel

Quelle Titelbild: Unsplash / Wu Yi

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