Bin ich zu fett oder zu dürr? – Was taugen BMI und Co.?

youDRESSED Editor

Die Frage, ob zu dick oder zu dünn stellen sich viele, vor allem aber Jugendliche und Athleten. Letztere können ohne ein Gramm sichtbares Fett gar einen BMI jenseits der Adipositas-Grenze haben. Ist der Body Mass oder ein anderer Index daher einfach nur Quatsch? Hier die Antworten.

 

Nach dem Schlemmen zum Jahresende und der einen oder anderen Weihnachtsgans zuviel stellt sich immer wieder die Frage der Fragen: Bin ich zu dick? Auch wenn die guten Vorsätze fürs neue Jahr später wieder schwinden, hatten die Fitness-Studios zwischen den Feiertagen und danach wieder mächtig Zulauf.

Wer Angst vor mitleidigen Blicken hat, sollte sich da vielleicht nicht auf die Waage stellen, sondern erst wieder zu Hause, wo sie allerdings auch meist nur herumsteht. Ein Gute-Laune-Tool war die nie, wenn man nicht gerade eine erfolgreiche Power-Diät macht. Aber ohne kann man auch nur schwer feststellen, wie es um das eigene Gewicht bestellt ist.

Einfache Formeln für das Normal- und Idealgewicht

Früher musste man darum weniger Spagat machen. Da hat man einfach 100 von der Körpergröße in Zentimeter abgezogen, um auf das eigene Normalgewicht in Kilogramm zu kommen. Der französische Arzt, Chirurg und Anthropolog Paul Broca (1824-1880) hat daraus den nach ihm benannten Broca-Index für das Idealgewicht abgeleitet: Das für Männer sollte bei 90 Prozent des Normalgewichts liegen, das für Frauen bei 80 Prozent. Umgekehrt muss man also nur 10 oder 20 Prozent von dem obigen Normalgewicht abziehen, um nach Broca auf das eigene Idealgewicht zu kommen.

Ein 1,80 m großer Mann dürfte somit nur 180-100-8 kg oder 72 kg wiegen, um sein Idealgewicht zu erreichen, eine gleich große Frau 180-100-16 kg oder 64 kg. Letzteres wäre ein BMI von rund 19,75 und somit eher am unteren Ende des BMI-Normalgewichts – für erwachsene Frauen wohlgemerkt. Für Teenagers gelten etwas andere Standards, wie später zu erfahren ist.

Der BMI braucht auch keinen Online-Rechner

Der Body Mass Index, kurz BMI, galt lange Zeit als das Maß aller Dinge, um zu berechnen, ob jemand normal-, untergewichtig, übergewichtig oder gar adipös ist. Abgesehen davon, dass der Index Kritikern zufolge zu wenig das Alter, die Statur und Muskelmasse berücksichtigt, ist der BMI in der WHO-Statistik und im Ländervergleich dennoch aussagefähig genug. Denn nur weniger als 5 Prozent der Bevölkerung können sich wirklich damit herausreden, zu schwere Knochen oder Muskeln zu haben.

Im metrischen System ist die Formel für den BMI ganz einfach: kg/m².

Im imperialen oder US Custom Units ist sie etwas komplizierter: lbs/in² × 703.

In der Regel braucht es also keinen Online-Rechner, um den eigenen BMI zu ermitteln. Die Kürzel lb(s) und in stehen für pound(s) oder Pfund als Handelsgewicht und inch(es) oder Zoll.

Erschwerend kommt in dem angloamerikanischen System noch hinzu, dass die Körpergröße meist in feet und inches (Fuß und Zoll) angegeben ist und man die Fuß erst mit 12 multiplizieren muss, um für die BMI-Formel die Gesamtzahl der inches oder Zoll zu berechnen.

BMI: Wo NFL-Player ihr Fett wegkriegen

Brad Pitt ist offiziell 6‘11“ (6 Fuß 11 Zoll) oder 72 + 1 Zoll groß und soll bei „Fight Club“ (1999) nur 155 pounds gewogen haben. Umgerechnet sind das 180,34 cm und rund 70,31 kg, was einem BMI von 21,62 entspricht. Dabei bestand Pitt in dem etwas abgedrehten Anti-Konsum-Streifen mit Ed Norton praktisch nur aus Muskeln und hätte er auch gut einen BMI jenseits der Normalgewichts vertragen können.

Zum Vergleich: Wladimir Klitschko hatte bei einem seiner letzten Boxkämpfe 2014 einen BMI von 28,6. Manche NFL-Spieler bringen es sogar auf BMI-Werte von über 30,0, womit sie eigentlich schon als adipös gelten würden. Und auch von ihnen kann man kaum sagen, dass sie fett wären.

Der BMI für Erwachsene ist nach WHO-Standard von 2008 und laut fitevolution wie folgt eingeteilt:

BMI Bedeutung
<16,00 starkes Untergewicht
16,00-16,99 mäßiges Untergewicht
17,00-18,49 leichtes Untergewicht
18,50-24,99 Normalgewicht
25,00-29,99 Übergewicht/Präadipositas
30,00-24,99 Adipositas Grad I
35,00-39,99 Adipositas Grad II
≥ 40 Adipositas Grad III

 

Der ebenfalls durchtrainierte fitevolution-Gründer Jahn Sterley sagt von sich, er sei 1,80 m groß und wiege 92 kg, was nach der Formel einem BMI von 28,40 entspricht. Deutsche Männer kommen im Schnitt auf einen BMI von 27,40, deutsche Frauen auf einen BMI von 26,00.

Der Schnitt in den USA liegt – Männer wie Frauen – laut WorldData.info bei einem BMI von 29,00, worunter natürlich so Durchtrainierte wie Prad Bitt fallen. Aber nach oben gezogen wird er vor allem auch von extrem adipösen Männern und Frauen wie Walter Hudson, der mit 1.197 pounds oder 543 kg als US-Amerikaner mit der breitesten Taille (englisch waist) gilt.

Waist-to-Height und Waist-to-Hip Ratio oft aussagekräftiger

Und damit kommen wir schon zu einem anderen, für sportliche Aktive als verlässlicher geltenden Index, die Waist-to-Height Ratio (WHtR), auf Deutsch das Verhältnis des Taillenumfangs zur Körpergröße. Im Vergleich zum BMI soll dieses Verhältnis eine bessere Aussage über die Verteilung des Körperfetts treffen.

Dabei muss man den Taillenumfang durch die Körpergröße messen. Und im Gegensatz zum BMI berücksichtigt die WHtR auch mehr als das Alter der jeweiligen Person:

Alter WHtR-Normalbereich
<40 0,5
40-50 0,5-0,60
>50 0,6

 

Den Taillenumfang sollte man ungefähr auf Höhe des Bauchnabels messen und dabei den Bauch weder einziehen, noch ausstrecken. Wer 1,80 m groß ist, sollte mit 40 Jahren maximal einen Bauchumfang von 90 cm haben, mit 41 dürfen es dann schon 91,8 cm sein, was zunächst auch kaum einleuchtet. Denn ein Sportass wird auch jenseits der 40 darauf bedacht sein, seine oder ihre Figur zu halten und nicht zusehen wollen, wie ihm oder ihr praktisch über Nacht „Schwimmreifen“ wachsen.

Für Kinder gelten übrigens laut der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BHZgA) andere BMI-Normalmaße: Demnach fängt das Normalgewicht für 14-jährige Mädchen anders als für erwachsene Frauen nicht bei einem BMI von 18,50, sondern bei einem BMI von etwa 16,50 an. Eltern müssen sich also bei einem solchen Wert nicht sorgen, dass ihre Tochter gleich an Bulimie leidet.

Das Titelbild oben stammt übrigens von herz bewegt, dem Wiener Verein zur Förderung zur Herzgesundheit, der sich besonders auch für das Herzwohl von Kindern einsetzt und mit einer (Fahrrad-) Tour de Herz am 8. Juni 2024 eine große Spendenaktion plant. Übergewicht oder gar Adipositas ist eines der Hauptrisiken, eine Herzkrankheit zu erleiden, was auch Kinder nicht ausnimmt.

Neben der Waist-to-Height-Ratio gibt es auch die Waist-to-Hip Ratio (WHR), also das Verhältnis von Bauchumfang und Hüftumfang, die der deutsche Sportärztebund nach Geschlechtern unterschieden wie folgt einteilt:

WHR Frauen WHR Männer Interpretation
<0,8 <0,9 Normalgewicht
0,80 – 0,84 0,9 – 0,99 Übergewicht
0,84 >0,99 Adipositas

Ponderal-Index und tröstende Worte

Noch eine andere Methode, die mehr berücksichtigt, dass heute mit vielen sehr großen und athletischen andere Maßstäbe gelten sollten, ist der 1908 von dem Schweizer Physiologen Fritz Rohrer eingeführte Ponderal-Index, auf Englisch auch Corpulence Index genannt. Der ist dem BMI ähnlich, teilt aber Körpermasse oder Gewicht in Kilogramm nicht durch die Körpergröße im Quadrat, sondern die Körpergröße hoch 3.

Die Formel für den Ponderal-Index ist somit Masse durch Höhe hoch 3 oder kg/m³.

Für Babys und Kleinkinder gelten andere Normalwerte als für Erwachsene, die ihren Ponderal-Index bei 11 bis 14 halten sollten. Bei Säuglingen gilt jedoch die Formel 100 × kg/m³ und liegt der Normalwert für ein 12 Monate altes Kleinkind bei einem Ponderal-Index von 24,0. Wer seinen Normalwert ermitteln will, kann zum Beispiel den entsprechenden Rechner von BMI-online.info aufrufen.

Gibt man dort ehrlich seine Maße ein und liegt so wie der Autor dieses Artikels mit seinem Wert jenseits der 14,0,  erhält man als tröstende Worte: „Und nichts desto trotz ist das ‚Wohlfühlgewicht‘ das Wichtigste!“

Fazit: Das ist doch eigentlich ein schönes Schlusswort. Denn ewig nur hungern, keinen Schluss Alkohol trinken zu dürfen und praktisch im Fitness-Studio einziehen zu müssen, um seine Idealfigur zu erreichen, ist auch keine Lösung, wie Daniel Craig sagte, als er keine Lust mehr hatte, den James Bond zu spielen.

Und manche Dicke scheinen auch mehr Spaß zu haben als diejenigen, die nur in Askese leben. Es kommt nach oben wie nach unten nur auf das richtige Maß an. Wer 300 oder 400 kg auf die Waage bringt und nur im Elektro-Rollstuhl durch die Lande fahren kann, wenn überhaupt, hat ein ebenso großes Sterberisiko wie extrem Magersüchtige.

Neuere Untersuchungen haben übrigens gezeigt, dass Menschen mit einem BMI von 25,0 bis 30,00 statistisch länger leben als Normalgewichtige. Und das sollte doch ein Trost für alle sein, die nicht ganz dem Ideal entsprechen.

Quelle Titelbild: herzbewegt.org